En-ROADS-Benutzerhandbuch

Hintergrundinformationen zur En-ROADS-Dynamik🔗

Achten Sie bei der Verwendung von En-ROADS darauf, wann und in welchem Umfang Schieberegler-Anpassungen zu Abweichungen vom Baseline-Szenario führen. Bitten Sie die Teilnehmenden, darüber nachzudenken, warum dies geschieht – so schaffen Sie ein vertieftes Verständnis für die Dynamik des Klima- und Energiesystems, das En-ROADS simuliert.

Die Dynamik in En-ROADS lässt sich größtenteils anhand der folgenden Aspekte erklären:

1. Treiber des Baseline-Szenarios🔗

Um ein tieferes Verständnis für das Modellverhalten zu erlangen, ist es wichtig zu verstehen, welche Faktoren das Baseline-Szenario antreiben.

Wachstumstreiber

Ein Problem bei der Begrenzung der zukünftigen Erwärmung in dieser Simulation ist das starke Wachstum des globalen BIP, das sich aus der Bevölkerungszahl multipliziert mit dem BIP pro Person ergibt. Energieeffizienz und Änderungen im Brennstoffmix können zwar dazu beitragen, die Emissionen aus der Energieerzeugung zu reduzieren, diese Erfolge werden jedoch durch das stetige Wachstum des BIP gedämpft. Die Erkenntnis dieser Tatsache veranlasst viele Teilnehmende dazu, verschiedene Szenarien für die künftige Bevölkerungsentwicklung (z. B. durch die Stärkung der Rolle von Frauen in Entwicklungsländern, was das Bevölkerungswachstum senken könnte) und das Wirtschaftswachstum, gemessen in BIP pro Person, (z. B. durch die Suche nach Möglichkeiten, die wirtschaftlichen Bedürfnisse ohne Steigerung des Verbrauchs zu befriedigen) zu prüfen.

Auf diese Weise werden zum Beispiel folgende Fragen thematisiert:

  • "Wir haben schon viel für die Energieeffizienz und saubere Energie getan – warum konnten die Emissionen dann noch nicht in ausreichendem Maße reduziert werden?"

Um diesen Punkt zu veranschaulichen: Sehen Sie sich in den Kaya-Diagrammen ein emissionsarmes Szenario mit erhöhter Energieeffizienz und einem Übergang zu kohlenstoffarmen Energiequellen an. Obwohl sich die Energieintensität des BIP verbessert und die Kohlenstoffintensität der Energie sinkt, wachsen die Weltbevölkerung und das BIP pro Person weiter an.

Nicht-CO2-Emissionen wirken sich signifikant auf die Temperatur aus

Methan, N2O und die F-Gase lassen sich über den Schieberegler "Methan & andere" steuern. Eine Verschiebung dieses Reglers wirkt sich maßgeblich auf den Temperaturanstieg aus. Das bedeutet erhebliche Änderungen in der Viehhaltung und im Verbrauch, in der Abfallwirtschaft, im Einsatz von Düngemitteln und in der Industrie. Diese Emissionen machen derzeit etwa 28 % der gesamten Treibhausgasemissionen aus.

Auf diese Weise werden zum Beispiel folgende Fragen thematisiert:

  • "Wir haben schon viel im Energiebereich getan – warum haben wir die Klimakrise dann noch nicht gelöst?"

Um diesen Punkt zu veranschaulichen: Sehen Sie sich die Diagramme "Treibhausgas-Nettoemissionen nach Gas – Fläche" und "Treibhausgas-Nettoemissionen" an und verschieben Sie den Schieberegler 'Methan & andere'. Betrachten Sie das Szenario – eine deutliche Reduzierung der Emissionen von Methan und anderen Gasen erzielt eine signifikante Reduzierung des Temperaturanstiegs bis 2100.

2. Komplexe Wechselwirkungen zwischen konkurrierenden Energieträgern und der Nachfrage🔗

Skalen- und Lerneffekte

Die Kosten der Energieträger, wie etwa der Erneuerbaren Energien, sinken mit zunehmender Erfahrung infolge von Rückkopplungsschleifen durch Lerneffekte, die auch als "Skaleneffekte" bekannt sind. Jede Verdopplung der kumulierten installierten Kapazität Erneuerbarer Energien senkt die Kosten um etwa 20 %, wodurch eine sich selbst-verstärkende Schleife entsteht ("Fortschrittsrate" oder "Fortschrittsquote"). Eine Steigerung der Leistung (1) und die Installation (2) mehr erneuerbarer Energiequellen erzeugt verstärkte Lerneffekte (3), eine Preissenkung (4), eine Steigerung der Attraktivität der Erneuerbaren Energien (5) und führt damit zu noch mehr Leistung und Installationen:

Auf diese Weise werden zum Beispiel folgende Fragen thematisiert:

  • "Warum sollten wir Hoffnung haben?"
  • "Wie können wir uns den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft leisten?"
  • "Sind die Kosten für Erneuerbare Energien nicht unerschwinglich?"

Um diesen Punkt zu veranschaulichen: Sehen Sie sich das Diagramm "Primärenergiebedarf – Erneuerbare Energien" an, legen Sie dabei ein Szenario zugrunde, in dem Erneuerbare Energien subventioniert werden. Dies löst ein anfängliches exponentielles Wachstum aus, das durch die bereits erwähnte sich selbst-verstärkende Lernschleife angetrieben und aufrechterhalten wird.

Verzögerungen und Erneuerung des Anlagenbestands

Neue Energiequellen (z. B. Erneuerbare Energien und neue CO2-freie Energiequellen) brauchen Jahrzehnte (und nicht nur Jahre), bis sie so weit sind, dass sie weltweit ernsthaft mit Kohle, Öl und Gas konkurrieren können. Eine der Hauptursachen für diese Verzögerungen ist, dass neue Energieinfrastrukturen nur dann gebaut werden, wenn alte Infrastrukturen stillgelegt werden oder ein erhöhter Energiebedarf gedeckt werden muss. Nur etwa 6 % der gesamten Energieinfrastruktur der Welt wird jedes Jahr ausgetauscht, da Infrastrukturobjekte wie Kohlekraftwerke und Ölraffinerien 30 Jahre oder noch länger genutzt werden können. Während also neue CO2-freie Energiequellen zwar den größten Marktanteil an neuen Energieanlagen haben, wird es noch viele Jahre dauern, bis der alte Anlagenbestand stillgelegt und erneuert wird. Dem Klima ist letztlich nur mit einem Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas geholfen, ohne zusätzliche Maßnahmen kommen wir hier jedoch auf lediglich 3 % pro Jahr, was recht wenig ist.

Auf diese Weise werden zum Beispiel folgende Fragen thematisiert:

  • "Warum trägt die Subventionierung von Erneuerbaren Energien, Kernkraft oder einer neuen CO2-freien Energiequelle nicht dazu bei, die Erwärmung noch deutlicher zu vermeiden?"

Diese Dynamik ist auch für die Steigerung der Energieeffizienz relevant, allerdings haben energieverbrauchende Investitionsgüter wie Fahrzeuge, Gebäude und Industrieanlagen eine deutlich kürzere durchschnittliche Lebensdauer (10-15 Jahre). So kann man zwar die Energieeffizienz von Neuwagen unverzüglich fördern, es dauert jedoch Jahrzehnte, bis sich die durchschnittliche Energieeffizienz aller Autos verbessert, weil es Zeit braucht, bis alle alten ineffizienten Autos aus dem Verkehr gezogen werden.

Um diesen Punkt zu veranschaulichen: Stellen Sie den Schieberegler "New Zero-Carbon" auf "massiven Durchbruch" und betrachten Sie das Diagramm "Globale Primärenergiequellen". Sie werden sehen, dass es selbst bei einem Zuwachs an kohlenstoffarmen Quellen mehrere Jahrzehnte dauert, bis genügend fossile Brennstoffkapazitäten abgeschaltet werden, um eine große Wirkung zu erzielen. Beachten Sie, dass Kohle, Öl und Erdgas im Laufe der 2020er und 2030er Jahren stetig weiter wachsen und es einige Zeit braucht, bis die Treibhausgasemissionen vom Baseline-Szenario abweichen.

Was aus dieser Dynamik folgt: Politische Vorgaben, die lediglich Alternativen zu fossilen Brennstoffen fördern, brauchen mehrere Jahrzehnte, um die CO2-Emissionen wirksam zu reduzieren — es dauert längere Zeit, bis die bestehende Infrastruktur abgeschaltet wird. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen also auch Bedingungen geschaffen werden, die weiteren Bauvorhaben und der Nutzung von Infrastruktur für fossile Brennstoffe jegliche Anreize unmittelbar entziehen.

Preis- und Nachfrageeffekte

Die Energienachfrage sinkt, wenn die Energiepreise steigen, und die Nachfrage steigt, wenn die Preise fallen. Die erste Dynamik zeigt sich bei steigenden CO2-Preisen. Die zweite Dynamik greift dann, wenn CO2-freie Energieträger wie Erneuerbare Energien oder eine neue CO2-freie Energiequelle entweder subventioniert werden oder bei der Kostensenkung ein Durchbruch erzielt wird.

Beobachten Sie, wie der Energieverbrauch steigt, wenn Sie kohlenstoffarme Energiequellen wie Erneuerbare Energien subventionieren. Günstige Windkraft und Solarenergie, die weltweit Anwendung findet, senkt die allgemeinen Energiepreise und kurbelt so die Energienachfrage an:

Dagegen bewirkt die Einführung eines CO2-Preises, dass die Energiekosten steigen und der Verbrauch sinkt:

Verdrängung oder Luftballoneffekt

Viele Menschen gehen davon aus, dass, wenn man weltweit mehrere langfristig kohlenstofffreie Energiequellen wie Kernkraft, Windkraft und Solarenergie fördern würde, diese Energiequellen in Summe (additiv) zur Reduzierung der CO2-Emissionen beitragen würden. Tatsächlich konkurrieren sie jedoch. Auf der einen Seite mehr, auf der anderen weniger.

Auf diese Weise werden zum Beispiel folgende Fragen thematisiert:

  • "Warum hat es nichts genützt, in diesem Szenario, in dem Erneuerbare Energien die maßgebliche Rolle spielen, einen Durchbruch bei einer neuen CO2-freien Energiequelle zu erzielen?"

Um diesen Punkt zu veranschaulichen: Sehen Sie sich das Diagramm "Globale Primärenergiequellen" in den drei folgenden Szenarien an. Im ersten Szenario werden nur die Erneuerbaren Energien subventioniert; im zweiten gibt es einen Durchbruch bei einer neuen CO2-freien Energiequelle ("New Zero-Carbon"), im dritten Szenario unterstellen wir sowohl eine Subventionierung der Erneuerbaren Energien als auch einen Durchbruch bei New Zero-Carbon.

Im folgenden Szenario führt eine massive Subventionierung der Erneuerbaren Energien zu einer Reduzierung des Temperaturanstiegs um 0,2 Grad Celsius:

Ein massiver Durchbruch bei New Zero-Carbon bewirkt für sich genommen ebenfalls eine Reduzierung um 0,2 Grad Celsius:

Nimmt man beide Änderungen zusammen, ergibt sich jedoch nicht die Summe aus beiden (0,4 Grad Celsius) – vielmehr sehen wir, dass der Temperaturanstieg lediglich um 0,3 Grad fällt, weil die Energieträger miteinander um Marktanteile konkurrieren:

3. Systemdynamik des Klimas🔗

Badewannenprinzip – Temperatur und CO2-Konzentration reagieren anscheinend nur schwach auf Änderungen der CO2-Emissionen

Die Emissionen müssen deutlich zurückgehen, um den Temperaturanstieg und die Zunahme der CO2-Konzentrationen auch nur leicht zu verändern. Diese Dynamik, die unserer Intuition zuwiderläuft, ist ein wichtiges Merkmal des Kohlenstoff- und Klimasystems. Eine kurze Erklärung für diese Dynamik ist die Tatsache, dass die dem Kohlenstoffkreislauf und dem Klima zugrunde liegende Dynamik zu längeren Verzögerungen zwischen Emissionen und Temperaturänderung führt.

Auf diese Weise werden zum Beispiel folgende Fragen thematisiert:

  • "Die Emissionen haben sich stabilisiert, warum steigen die Temperatur oder die CO2-Konzentration dann immer noch an?"

Um diesen Punkt zu veranschaulichen: Sehen Sie sich die Diagramme "CO2-Emissionen und -Entnahmen" und "CO2-Emissionen" an. Verwenden Sie ein Szenario, in dem sich die CO2-Emissionen stabilisieren. Obwohl sich die Kurve der CO2-Emissionen abgeflacht hat, steigen die CO2-Konzentrationen (rechts in blau) weiter an:

Entsprechend nimmt die Temperaturänderung in einem deutlich konsequenteren Szenario, in dem sich die CO2-Konzentration stabilisiert, weiter zu:

Weitere Erläuterungen zu Mengen, Flüssen und dem Badewannenbild erhalten Sie im Rahmen unserer Climate Leader Lernreihe.

Falls Sie weitergehende Fragen haben oder Unterstützung benötigen, besuchen Sie bitte support.climateinteractive.org.

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